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Berlin beschließt Solidarisches Grundeinkommen
Schwer zu vermittelnde Arbeitslose sollen eine öffentliche Beschäftigung erhalten, die nach Tarif- oder Mindestlohn bezahlt wird | Foto: pxhere.com

Berlin beschließt Solidarisches Grundeinkommen

02. Juli 2019

Der Berliner Senat hat am heutigen Dienstag das Solidarische Grundeinkommen freigegeben. Schwer zu vermittelnde Arbeitslose sollen demnach eine öffentliche Beschäftigung erhalten, die nach Tarif- oder Mindestlohn bezahlt wird. In der ersten Runde werden 250 Arbeitslose an diesem Projekt teilnehmen. Später wird es auf 1.000 Personen ausgedehnt. Die Bewerbungsphase beginne demnächst und ab Mitte bis Ende Juli würden die ersten Verträge unterschrieben, teilte Regierungssprecherin Claudia Sünder am Montag mit.

Solidarisches Grundeinkommen soll Hartz IV abschaffen

Das Projekt ist eine Herzensangelegenheit des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD). Zuerst scheiterte es allerdings an dem Widerstand der Koalitionspartner Bündnis 90/Grüne und die Linke. Aus diesem Grund wurde es heute auch nur in stark abgespeckter Form freigegeben.

Michael Müller versucht damit das das Hartz-IV-System zu überwinden. Da Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) aber nicht zugestimmt hat, die Ausgaben für Hartz IV und für die Unterkunft zur Finanzierung einer Stelle heranzuziehen, bleiben die Kosten komplett am Land Berlin hängen. Eigentlich sollte den Beschäftigten mithilfe des Grundeinkommens eine Übernahmegarantie für den Öffentlichen Dienst gegeben werden. Allerdings soll nun nur noch versucht werden, die Arbeiter – gegebenenfalls an anderer Stelle – zu übernehmen.

Kritik

Neben der ursprünglich geplanten Übernahme in den Öffentlichen Dienst bemängeln Kritiker die Kosten. So koste jeder Platz mindestens 26.200 Euro pro Jahr. Dabei wird ein Stundenlohn von 10,49 Euro zugrunde gelegt. Dies geht aus einem Bericht der Verwaltung ans Abgeordnetenhaus hervor.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Zielgruppe. Geplant war, dass Arbeitslose gleich nach dem einen Jahr Arbeitslosengeld einen neuen Job angeboten bekommen, ehe sie in Hartz IV rutschen. Die bestehenden Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik richten sich aber meist an Menschen, die schon länger ohne Job und bereits in Hartz IV sind. Im Einzelfall will der Berliner Senat versuchen, zur Finanzierung des Grundeinkommens den im neuen bundesweiten Teilhabe-Chancengesetz enthaltenen Lohnkostenzuschuss zu nutzen. Dieser beträgt aber nur 75 Prozent der Lohnkosten und müsste vom Land aufgestockt werden.

IHK kritisiert Vorhaben

Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin begrüßt das Vorhaben, die Langzeitarbeitslosigkeit in der Hauptstadt verringern zu wollen. Allerdings sieht sie das Projekt auch als Gefahr an, da die falsche Zielgruppe profitiere. Geschäftsführer, Jörg Nolte sagt: „Die Erfahrung zeigt, dass Menschen umso besser in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind, je kürzer sie arbeitslos waren. Insofern ist genau diese Zielgruppe auch für Unternehmen sehr interessant“. (lb)