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Fachkräftemangel im Bau: Der Arbeitsmarkt kommt dem Boom nicht hinterher

16. Oktober 2019

Die Baubranche brummt – doch tausende unbesetzte Stellen hemmen vielerorts das Wachstum. Besonders in Ostdeutschland fehlt Personal. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter Bauunternehmen in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

Vor allem gewerbliche Arbeitnehmer fehlen

Der Bauindustrieverbandes Ost e.V. (BIVO), der 260 Unternehmen mit etwa 20.000 Beschäftigen vertritt, führte die Befragung unter seinen Mitgliedern durch. Demnach berichteten rund drei Viertel der Betriebe, dass sich das Angebot an Fachkräften in den letzten fünf Jahren verschlechtert habe. 19 Prozent der Unternehmen mussten ihre Bauunternehmungen wegen der fehlenden Arbeitskräfte reduzieren. Besonders betroffen seien Maurer sowie Beton- und Gerüstbauer. Im Handwerk fehlt bereits seit Jahren der Nachwuchs, das ist zum Beispiel in der für die Bauindustrie wichtige Metallbranche zu spüren. Jana Marcic, Geschäftsführerin der MWS GmbH, sagte dazu: „Wir als Schweißerbetrieb bekommen den Fachkräftemangel nun schon seit längerer Zeit zu spüren. Unsere Auftragslage ist gut, aber um auf diesem Niveau bleiben zu können, halten wir permanent Ausschau nach qualifizierten Fachkräften.“

Auch studierte Fachkräfte wie Bauingenieure fehlen den Immobilienunternehmen – hier berichteten fast zwei Drittel von einer Verschlechterung des Arbeitsmarktangebots.

Gründe sind vielschichtig

Die Gründe für den Fachkräftemangel im Bau liegen vor allem im demografischen Wandel und dem schlechten Ruf der Baubranche: Angst vor schlechten Arbeitsbedingungen hält viele potenzielle Auszubildende zurück. Zwar bleiben viele Ausbildungsstellen unbesetzt – immer wieder entschließen sich allerdings auch Betriebe, Ausbildungsplätze zu streichen. Das geschieht derzeit vielerorts bei Metallbetrieben. Nicht selten reagieren Unternehmen auf die teilweise schwächelnde Konjunktur, die vor allem der deutschen Autoindustrie zu schaffen macht, mit einer geringeren Zahl an neuen Auszubildenden. Das könnte sich bereits in wenigen Jahren rächen – nämlich, wenn sich die Wirtschaft wieder in einer Aufschwungphase befindet.

Fachkräftedefizit belastet Branche und Wirtschaft

Der Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gehört zu den wichtigsten Hemmern für Wirtschaftswachstum in Deutschland. Das ergab unter anderem zuletzt eine Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Auch hier erwarteten Experten vor allem ein gebremstes Wachstum in den ostdeutschen Bundesländern.

Erwartet wird, dass sich der Fachkräftemangel in den kommenden Jahren sogar noch verschlimmert. Rund ein Viertel der Beschäftigten ist älter als 55 Jahre, wenn diese Mitarbeiter innerhalb der kommenden Dekade aus dem System altern, gibt es nur ungenügend Nachwuchs. Allein in Berlin betrifft das 8.600 Arbeitnehmende. Hochrechnungen der BIVO zufolge werden bis 2030 rund 70.000 zusätzliche Arbeitnehmer benötigt. Mehr Potenzial sieht die Industrie derzeit vor allem im Zufluss aus dem Ausland, aber auch Bemühungen, mehr weibliche Fachkräfte zu gewinnen, könnten Erleichterung verschaffen. (red)