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Familienunternehmen denken längerfristig
„Mittlerweile bin ich mir sicher, dass ein Teil des Erfolgsrezeptes der Unternehmen, die sich viele Jahre am Markt behaupten und es schaffen kontinuierlich zu wachsen, die Familie ist“, sagt Bürgermeisterin Angelika Schöttler | Foto: Pressestelle BA-TS

Familienunternehmen denken längerfristig

25. Juni 2020

Kaum ein Berliner Bezirk beherbergt so viele Familienunternehmen wie Tempelhof-Schöneberg. Doch woran liegt das und welche Bedeutung haben sie für die lokale Wirtschaft? Wir baten Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler um Antworten.

Paul Hettich Gmbh & Co. Kg, Timm Fensterbau, Gruenwald Electronic sind nur einige Beispiele von zahlreichen Familienunternehmen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Man könnte fast sagen, der Bezirk ist eine Hochburg. Woran liegt das in Ihren Augen?

Bereits vor der Fusion des Doppelbezirks Tempelhof-Schöneberg war Tempelhof ein Bezirk, indem das produzierende Gewerbe traditionell stark vertreten war. Aufgrund dieser Tatsache, verbunden mit einer zu gewandten, wirtschaftsfreundlichen Politik für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der bezirklichen Wirtschaftsförderung, konnte dieser Vorteil nicht nur erhalten, sondern darauf aufbauend auch ausgebaut werden. Tempelhof hatte nicht ohne Grund die erste bezirkliche Wirtschaftsförderung Berlins. Es ist bekannt, dass Familienunternehmen sich ihren Standorten persönlich eng verbunden fühlen und damit große Standorttreue beweisen. Das ist ein weiterer Grund, warum Familienunternehmen bei uns so zahlreich vertreten sind. Sie sind es quasi aus Tradition.

Welche Bedeutung haben Familienunternehmen für die lokale Wirtschaft? Was unterscheidet sie von anderen Unternehmensformen?

Mittlerweile bin ich mir sicher, dass ein Teil des Erfolgsrezeptes der Unternehmen, die sich viele Jahre am Markt behaupten und es schaffen kontinuierlich zu wachsen, die Familie ist. Familienunternehmen trotzen Krisen, kümmern sich um Nachfolgeregelungen, sorgen für ein gutes Mitarbeiterklima und investieren behutsam. Familienunternehmen sind im Aufschwung besonders effizient und im Abschwung weniger gefährdet. Unsere europäischen Nachbarn schauen mittlerweile sehr genau auf diese erfolgreiche Strategie und beginnen sie zu entdecken. Jetzt in der Corona-Krise wird sich hoffentlich wieder zeigen, dass Familienunternehmen durch den Zusammenhalt und die getroffene Vorsorge eine größere Chance haben, Klippen und Schwierigkeiten zu umschiffen bzw. durchzustehen. In der aktuellen, wirklich schwerwiegenden Situation für alle Unternehmen wird es dabei trotzdem ganz entscheidend sein, dass von staatlicher Seite schnelle und unbürokratische Unterstützung angeboten wird.

Zwischen Tradition und fortschritt – inwiefern sind Familienunternehmen in Tempelhof-Schöneberg fähig, sich modernen Herausforderungen wie der digitalen Transformation anzupassen?

Definitiv sind sie dazu in der Lage. Familienunternehmen denken längerfristig: Sie sind häufig seit mehreren Generationen erfolgreich und wollen ihr Bestehen weiterhin sichern. Eine derzeit zunehmende Neuorientierung von Familienunternehmen lässt sich bei der Kooperation zwischen Start-ups und alteingesessenen Unternehmen beobachten. Sie bringen frischen Wind durch neue, digitale Geschäftsmodelle, Produkte oder Vertriebswege ins Unternehmen. Von diesen Kooperationen können also beide Seiten profitieren. (aw)