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Eine Entscheidung, die gut vorbereitet sein muss
Für den Volksentscheid im September dieses Jahres braucht es noch ein Gesetz zur Vergesellschaftung, über das die Berliner*innen dann entscheiden können. | Foto: Sora Shimazaki von Pexels

Eine Entscheidung, die gut vorbereitet sein muss

21. Juli 2021

Der Wohnungsmarkt in Berlin ist schon lange angespannt. Bisherige Maßnahmen des Senats wie unter anderem die Kappungsgrenzenverordnung zur Begrenzung der Miethöhe haben nicht ausreichend gewirkt. Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen!“ hat mit ihrer Unterschriftensammlung für eine Vergesellschaftung von Wohnungen großer Immobilienunternehmen erreicht, dass im September die Berliner*inne darüber entscheiden können, ob diese Wohnungen enteignet werden sollen oder nicht. Doch ein solches Gesetz muss gut vorbereitet sein.

Ein Gesetz dazu muss noch erarbeitet werden

Der Volksentscheid ist für den 26. September geplant. Bis dahin muss durch den Senat ein Gesetzentwurf zur Vergesellschaftung der Wohnungsbestände großer Wohnungsunternehmen (Vergesellschaftungsgesetz) erarbeitet werden. Das Gesetz ist sowohl politisch als auch juristisch umstritten, denn es hätte weitreichende Bedeutung und wäre (wieder einmal) juristisches Neuland. Um die geforderten Maßnahmen der Initiative umzusetzen, müssten zum Zeitpunkt der Feststellung im September 2020 durch den Senat die mehr als 226.000 Wohnungen aus Privateigentum in öffentliches Eigentum überführt werden.

Doch das Volksbegehren hat neben den Unterschriften keinen konkreten Gesetzentwurf dazu vorgelegt. Damit ist die Volkentscheidung für den Senat rechtlich unverbindlich und die Entscheidung über den Erlass eines Vergesellschaftungsgesetzes obläge dem Abgeordnetenhaus. Die Erarbeitung des Gesetzes ist eine Herausforderung, denn sie muss juristisch Bestand haben, damit sich ein Fiasko wie beim Gesetz zum Mietendeckel nicht wiederholt.

Große Differenz in Endergebnissen

Eine weiterer heiß diskutierter Punkt ist die Finanzierung des Vorhabens. Die Initiative schätzt die Höhe der Kosten für die Vergesellschaftung auf 7,3 bis 13,7 Milliarden Euro. Der Senat dagegen geht in seiner Kostenschätzung von September 2020 von Entschädigungskosten von 29 bis 39 Milliarden Euro aus. Das Geld käme dazu aus dem Landeshaushalt und müsste mit einer Kreditfinanzierung mit etwa 6 bis 9 Milliarden Euro bezuschusst werden.

Aus Sicht der Initiative soll sich die Zahlung der Entschädigungssumme vollständig aus den Mieten refinanzieren, sodass die Entschädigung den Haushalt nicht belastet. Zusätzlich geht sie davon aus, dass die Mieten dabei sogar gesenkt werden könnten. Am Ende muss laut Artikel 14 und 15 des Grundgesetzes die Entschädigungshöhe unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten bestimmt werden.

Eine wohnungspolitische Bilanz

Ist das Land Berlin so liquide und kreditfähig, dass es ein solches finanzielles Mammutprojekt stemmen kann? In Hinblick auf die Pandemielage und der wirtschaftlichen Situation der Unternehmen in der Hauptstadt wohl eher nicht. Und wie sieht es dann bei einem positiven Ergebnis des Volksentscheides für die Mieter*innen der Stadt aus? Für die Mieter*innen der mehr als 226.000 Wohnungen würde sich die Situation wohl positiv verändern. Doch was wird aus den anderen Mieter*innen und den Zuziehenden der Stadt? Es bleiben noch viele Folgefragen unbeantwortet.

Klar ist: Ein positives Ergebnis des Volksentscheides würde aller Wahrscheinlichkeit nach erstmal für Jahrzehnte ein riesiges Loch in die Landeskassen reißen, sodass dann das Geld an anderer Stelle für das Bauen von neuer Wohnungen, das Schaffen von Erhaltungsgebieten oder auch für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus fehlt. Der Senat erweitert neben den genannten Maßnahmen das bereits bestehende Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen von bestimmten Gebieten auf ein stadtweites geltenden Verbot. Die Richtung ist klar – doch ob der Weg der richtige ist, wird sich noch zeigen. (kk)